Michael Stober kauft ein baufälliges Landgut und macht es innerhalb von 10 Jahren zu einem erfolgreichen Tagungshotel mit Geschichte.
„Ein Traum ist unerlässlich, wenn man die Zukunft gestalten will.“ Victor Hugo

Das stilvolle, idyllisch gelegene und mit allen erdenklichen Annehmlichkeiten modernisierte Landgut Stober befindet sich ca. 20 km westlich von Berlin in Groß Behnitz. Der Ort liegt an der deutschen Alleenstraße – auf dem Herweg durchfahren wir prächtige, zum Teil schnurgerade Alleen mit wunderschönen alten Bäumen. Groß Behnitz ist ein Ortsteil der Stadt Nauen, die wiederum im Landkreis Havelland liegt. Der Blick kann weit über die Felder schweifen, die Havel prägt die Landschaft; hier wohnen nur wenige Menschen, das Havelland ist dünn besiedelt mit 95 Einwohnern je km2. Man kann als Erholungssuchende hier die Seele baumeln lassen, einfach Mal zu Ruhe kommen und die Hektik der Großstadt vergessen.

Was also brachte Michael Stober im Jahr 2000 dazu, sich das ehemalige, zu dem Zeitpunkt völlig verfallene Anwesen der Familie Borsig zu ersteigern und es zu dem zu machen, was es heute ist: eines der grünsten, besten und nachhaltigsten Tagungs- und Event-Hotels Europas laut VDR, GCB und EVVC? Und: wie kam der Erfolg?

Per Zufall ins Havelland gekommen und Chancen gefunden

Ursprünglich war es das Ziel von Michael Stober gewesen, ein herrschaftliches Anwesen an der Ostsee zu kaufen, es wiederherzurichten und passend zu entwickeln. Daher fuhr er immer wieder von Berlin aus an die Ostsee um sich geeignete Objekte anzuschauen – ohne Erfolg. Eines Tages gab ihm ein Freund den Tipp, sich das ehemalige Anwesen anzuschauen, da es versteigert werden würde. Vielleicht aus Neugierde – oder weil es auf dem Rückweg lag – hat Stober sich das Gelände angeschaut. Der erste Eindruck war verheerend; Sperrmüll überall, die Fenster ausgeschlagen und aus einigen Dächern konnte man die lichtdurstigen Äste von Birken durchblitzen sehen, kurz: es war ein Schandfleck mitten im Ort. Und doch: er griff zu! Heute sagt er: „Ich hatte eine Vision, von dem Ort hier ging eine Kraft aus – die konnte ich spüren.“

Landgut Stober Luftaufnahme @Michael Dlugosch

Er konnte aus Erfahrung einschätzen, dass die Substanz des Landguts am idyllischen Behnitzer See, wenn nicht weitgehend intakt, so doch zumindest reparabel war. Denn der heutige Hotelier hat ein bewegtes Leben hinter sich: studierter Philosoph, tätig als Musiker, Künstler, Schmied und lange, entscheidende Jahre auch als Investor und Generalübernehmer in der Altbausanierung.

Also kaufte er das Landgut, investierte kräftig zuerst in das 1875 erbaute Logierhaus der Borsigs und wandelte es in ein Tagungshotel mit 23 Doppelzimmern und 3 Suiten um. So hat er nach und nach das Landgut renoviert, heute ergänzt ein moderner Neubau die historischen Gebäude, da die Tagungsgäste schon nach kurzer Zeit nicht mehr alle im eigenen Haus untergebracht werden konnten. Jetzt gibt es 108 Doppelzimmer, 172 Einzelzimmer und 20 Suiten, in Summe 300 Zimmer. Bis heute wurden 31 Millionen Euro investiert, davon waren ca. 8 Millionen Fördermittel. Das Hotel wird hauptsächlich als Tagungsort genutzt, es gibt 30 Tagungs- und Veranstaltungsräume, im größten haben bis zu 750 Teilnehmende Platz. Modernste Technik, WLAN auf dem gesamten Gelände und ein optionales Rahmenprogramm sind hier der Grundstein für erfolgreiche Veranstaltungen. Das können Konferenzen sein, Tagungen, Firmenfeiern- und Events, Produktvorstellungen, aber auch Familienfeiern und Hochzeiten.

Anfangs wusste Stober noch nicht, welche Nutzung für den Gebäudekomplex in Frage kam und er hatte sich erst nach und nach alle Gebäude dazugekauft, die heute zum Landgut gehören; es sollte öffentlichkeitswirksam und nachhaltig sein, dazu eine kulturelle Relevanz haben. Zuerst kam die Idee auf, ein Zentrum für historisches Handwerk zu machen – aber es war dem Unternehmer schnell klar, dass daraus nichts Lukratives werden konnte.
Das finanzielle Risiko war enorm, mögliche Kooperationspartner, die das Risiko mit Michael Stober gemeinsam hätten schultern wollen, fand er nicht. So finanzierte er dieses Großprojekt mit dem Verkauf eigener Immobilien, Geld von der Triodos-Bank und mit Hilfe von Fördermitteln.

Geschaffen hat er 60 Vollzeit-Arbeitsplätze, ein begehrtes und innovatives Bio-Tagungshotel und ein erfolgreiches Restaurant. Und die Gäste dafür hat er selbst mitgebracht – er wusste von Anfang an, dass es darauf ankam.

Geschichte wird hier vielschichtig lebendig

Als Michael Stober die Entscheidung getroffen hatte, das baufällige Landgut zu kaufen, wusste er nicht, welch reichen geschichtlichen Hintergrund es hat: es ist das ehemalige Landgut und der bekannten Industriellen-Familie Borsig. Warum die Borsigs ein Landgut hatten? Diese Geschichte weiß Michael Stober auch in seinen Führungen über das Gelände mitreißend und unterhaltsam nachzuerzählen. Sein Wissen ist enorm, auf jede Frage weiß er ohne Nachzudenken eine ausführliche Antwort. Um so viel Wissen zu erlangen und lebendig, beinahe bildhaft erzählen zu können, muss der Unternehmer bisher jede Menge Zeit und Recherche-Arbeit aufgebracht haben. Echtes, intensives Interesse haben. Sich auf das Thema wirklich eingelassen haben – und auch weiterentwickelt.

Tagunsraum Landgut Stober
Tagung/Meetingraum

Dass sich ein Unternehmer, der eine Vielzahl an Verpflichtungen eingegangen ist, so intensiv auf ein Thema einsetzt, ist selten. Vor Allem, wenn man bedenkt, dass es nichts direkt mit möglichen Gewinnen zu tun hat oder seiner eigentlichen Arbeit, dem Gastronomie- und Tagungsbetrieb. Ihm kommt es auf die Menschen an, auf die Begegnungen, das sagt er im Interview immer wieder. Das hört man auch seiner Art, Geschichten zu erzählen an: er erzählt immer aus der Perspektive von Menschen, bei ihm ist die Geschichte keine bloße Aneinanderreihung von Fakten und Jahreszahlen. Diese Verbindung zu den Menschen und ihrer Ideen aus der Geschichte verknüpft er gekonnt mit seinem Landgut und dem tiefen Wunsch, an diesem Ort in Brandenburg große Ideen wahr werden zu lassen.

August Borsig war im Zeitalter der Dampf-Eisenbahnen, also im 19. Jahrhundert, der größte Lokomotiven-Lieferant Europas und der zweitgrößte der Welt. Borsig war nicht nur bedeutender Erfinder und Industrieller – er war auch Vorreiter beim verantwortungsvollen Umgang mit seinen Mitarbeitern. Hier kommt das heutige Landgut Stober ab dem Jahr 1866 ins Spiel. Neben einer betriebsinternen Sozialversicherung und einem Betriebsschwimmbad zur Verbesserung der hygienischen Zustände diente das Landgut zur Versorgung der Mitarbeiter mit gesundem Obst und Gemüse. Typisch für Borsig mit einigen technischen Finessen, die teilweise auch heute noch zu sehen sind. Ein Musterbetrieb der damaligen Zeit für die industriell betriebene Landwirtschaft. Selbst die Gülle der Kühe wurde genutzt – zur Klimatisierung des Kuhstalls durch ein Röhrensystem für die entstehenden Gase. Es gab eine Kartoffeldämpfmaschine, die für die Schnapsbrennerei konstruiert worden war und überwiegend automatisiert lief – für die damalige Zeit sehr fortschrittlich und ein Unikat. Der Abrieb der Kartoffeldämpfmaschine wurde über Förderketten in den Schweinestall als Futter transportiert. Alles mit dem Ziel, die Gesundheit der Arbeiter im nahen Berlin zu fördern.
Auf einer Tour über das Gelände des Landguts kommt an vielen dieser Zeugen der Vergangenheit vorbei – sie halten die Erinnerung an die Geschichte lebendig und dienen hier als Inspiration für verantwortungsvolles Wirtschaften. Deswegen wurde auch viel von der historischen Substanz erhalten, den hohen technischen Standard sieht man ihr nicht sofort an. Im Jahr 1909 wurde Ernst Borsig senior, der Enkel des Gründers, von Kaiser Wilhelm in den Adelsstand gehoben.

Der Urenkel August Borsigs, Dr. Ernst von Borsig junior stand dem Kreisauer Kreis nahe, der im 2. Weltkrieg aktiv gegen die Nazis war. Schon zuvor, 1933, war die Familie Borsig von den Nazis enteignet worden. Ernst Borsig senior verstarb nach kurzer Zeit auf dem Landgut, das der Familie noch geblieben war – aus Gram über die Entwicklung. Dr. Ernst Borsig junior schmiedete gemeinsam mit dem Kreisauer Kreis Pläne für die Zeit nach dem II. Weltkrieg – zum Teil auch in Groß Behnitz auf dem Landgut. Der Kreisauer Kreis war die größte hauptsächlich bürgerliche Widerstandsbewegung in der Nazizeit, die sich 1940 gebildet hatte. Dass dieser engagierte Widerstandskämpfer nach dem Krieg Probleme hatte, zu beweisen, dass er erklärter Gegner der Nazis war, ist Ironie der Geschichte und zugleich der Anfang vom Ende des borsigschen Landguts. In der DDR war es lange Zeit Herberge für die LPG, bis es schließlich dem Verfallen anheimgegeben wurde.
Es ist Michael Stober ein spürbares Anliegen, diese vielschichtige Geschichte zu erzählen. So gibt es einmal im Monat eine öffentliche Führung über das Gelände. Er weiß wie wichtig es ist, offen für Interessierte zu sein, für die Menschen aus Groß Behnitz und den umliegenden Gemeinden. Außerdem entspricht es einfach seinem Naturell, Kontakte zu knüpfen und seine Begeisterung für das Landgut zu verbreiten.

Nachhaltigkeit ist ein Weg, kein Zustand

Fragt man Michael Stober nach seinem Beruf, gerät er im Interview zum ersten Mal ganz kurz ins Stocken. Hotelier, Investor, Visionär, Enthusiast oder Gastgeber – diese Bezeichnungen kann man alle über ihn finden und haben ihre Berechtigung. Im ersten Gemeinwohlbericht von 2017 findet sich ein Satz, der als Anhaltspunkt dienen kann, warum das Landgut ist wie es ist und was Michael Stober antreibt. „Hier trafen und treffen sich Menschen, um Dinge zum Positiven zu verändern.“

Das entscheidende Wort ist das Verb verändern. Laut dem Digitalen Wörterbuch der Deutschen Sprache bedeutet es, „etw. in eine andere, von der bisherigen verschiedene Form, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Ordnung bringen, etw. umgestalten, umwandeln“ Es geht Stober also darum, etwas zu tun, einen echten positiven Beitrag zu leisten – und nicht nur darüber nachzudenken oder zu diskutieren. Sowohl der Gemeinwohl-Bericht als auch der deutsche Nachhaltigkeitskodex geben hier einen ganz konkreten Rahmen vor, was man sich unter etwas Positivem vorstellen kann. Gemeint sind hier die Bereiche Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Transparenz und Mitentscheidung für alle relevanten beteiligten Gruppen:

1. Mitarbeitende
2. Lieferanten
3. Kunden
4. Eigentümer mit Finanzpartnern
5. das gesellschaftliche Umfeld

Entscheidet sich ein Unternehmen also für eine Gemeinwohl-Bilanzierung, sind diese Bereiche wichtige Handlungs- und Entwicklungsfelder. Stober selbst sieht sich selbst und sein Unternehmen auf einem Weg, auf einer Reise – die aber nicht das Ziel hat, abgeschlossen zu sein. „Wie geht das noch besser?“ – dieser Frage stellt sich Michael Stober täglich, sie ist ihm zur Haltung geworden. Interessant an dieser Stelle ist ein Blick in die Unternehmensphilosophie: anfallende Gewinne werden zu 20% an gemeinnützige Organisationen gespendet, 40% reinvestiert, 20% fließen an die Mitarbeiter, 10% werden für Sonder-Darlehenstilgungen genutzt und die restlichen 10% fließen an die Eigentümer. Auch dies ein Hinweis darauf, worum es dem Unternehmer-Paar geht.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

Das Gastgewerbe hat den Ruf, extrem anstrengend und fordernd zu sein – manche sagen, es ist ein Knochenjob: wie sieht es da mit der Menschenwürde aus beim Landgut Stober? Die Mitarbeiter haben sich mit dem Betrieb für ein familiengeführtes Unternehmen entschieden; das Geschäftsführer-Paar wohnt auf dem Landgut, ist immer ansprechbar. Die persönliche Situation der Menschen hier spielt eine große Rolle: bei den Urlaubsplanungen und Schichtplänen wird Rücksicht auf Kinder genommen, es gibt Shuttle-Autos für den Transport vom und zum Bahnhof und es gibt ein Konzept, wie geflüchtete Menschen in Unternehmen integriert werden können. Das Team hat sich Stück für Stück ein festes Netzwerk aus Lieferanten aufgebaut, die sie in den meisten Fällen auch persönlich kennen. Um sich von der Arbeitsweise und der Qualität der angebotenen Produkte zu überzeugen und zu prüfen, ob sie auch mit ihren Werten zum Landgut wirklich passen. Aus diesem Grund schied auch die Möglichkeit aus, Waren über einen X-beliebigen Großhändler zu beziehen. Die Preise im Hotel sind im Durchschnitt – das Ziel des Unternehmens ist keine Profitmaximierung, sondern dass es dem Unternehmen, den Mitarbeitern und den Kunden gleichermaßen gutgeht. Denn: Menschen haben immer einen Wert, wo auch immer sie herkommen, was auch immer sie tun, wie auch immer es ihnen geht – deswegen haben alle Menschen ihre unveränderlich Würde. Michael Stober verfolgt ein innovatives Kommunikationskonzept, wie er Kunden, Mitarbeitern, Gästen und Unternehmern mit Witz und am lebenden Objekt zeigen kann, dass sich nachhaltiges Wirtschaften lohnt. Durch seine konsequente ökologische Ausrichtung in der Gebäudetechnik spart er große Summen für Strom, Wasser und Wärme.

Vom Nutzen und Sinn von Solidarität und Gerechtigkeit

Mitarbeiter haben ein klares Gespür dafür, ob es in ihrem Unternehmen mit rechten Dingen zugeht. Hier entscheiden die Mitarbeitenden über die Einstellung eines neuen Bewerbers, denn im Gastgewerbe ist Teamarbeit essenziell. Sie haben auch die Möglichkeit, ihre vereinbarte Arbeitszeit in 4 Tagen abzuarbeiten, um mehr Zeit für sich und die Familie zu haben. Die beiden Geschäftsführer verzichten auf ein Geschäftsführergehalt, die Spreizung der Einkommen beträgt hier nur 2,25 – ganz transparent. Die hohe Zahl der Bewerbenden spricht für sich – die guten Bedingungen für die Mitarbeiter zahlen sich aus – die Stobers haben kaum Schwierigkeiten, gute, qualifizierte Menschen für ihren Betrieb zu finden.
Um zuverlässig in geforderter Qualität beliefert werden zu können, hat sich das Landgut mit anderen Gastronomie-Betrieben zusammengetan, damit eine rentable Liefermenge zustande kommt. Das sichert ihm hochwertige Lebensmittel – die Lieferanten können sich auf eine zuverlässige Abnahme der Waren verlassen und die anderen Gastronomen wiederum profitieren vom Einsatz Stobers. Man merkt Michael Stober im Gespräch deutlich an, wie viel Sinn er in seiner Aufgabe sieht, wie wichtig es ihm ist, die Dinge positiv zu verändern. Es scheint, als wolle Michael Stober das immaterielle Erbe, das die Industriellen-Familie gerade an diesem Ort hinterlassen hat, fortführen, denn auch die Borsigs waren Vorreiter in ihrer Zeit.

Die erste Zeit in Groß Behnitz war nicht einfach, die Bewohner fanden es zunächst nicht gut, dass da jemand von außen kam und das Landgut nach seinen Vorstellungen veränderte – so war zumindest das Empfinden am Anfang. Von Anfang an hat er sich darum bemüht, den Ort und alle Menschen, die hier wohnen, miteinzubeziehen. Er hat sie eingeladen, ihnen gezeigt und erklärt, was er vorhat. Mit der Zeit haben die Menschen hier verstanden, worum es Michael Stober geht. Dass auch Menschen aus dem Ort auf dem Landgut arbeiten, hat da ganz sicher geholfen.

„Ich kann es mir schlicht nicht leisten, unökologisch zu handeln“

Es ist naheliegend, dass es in einem vielfach ausgezeichneten Betrieb hauptsächlich regionale, saisonale Bio-Lebensmittel gibt. Zu den eigens ausgewählten Betrieben besteht persönlicher Kontakt, um Qualität und Quantität der gefragten Produkte sicherstellen zu können. Zusätzlich gibt es auf dem Landgut ein großes Kräuter- und Gemüsebeet, auf dem die Köche eigene Lebensmittel anbauen können. Das ist aber nur ein kleiner Teil der konsequent ökologischen Ausrichtung des Unternehmens.
Mit der Überlegung, so wenig Geld wie möglich für die Betriebsphase zu benötigen, entstand das nachhaltigste Hotel Deutschlands. Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Hotels produziert mehr Strom, als verbraucht wird. Die 2 Hackschnitzel-Heizungen mit zusammen 1000 kW Heizleistung, mit der das gesamte Landgut Stober beheizt wird, nutzt Hackschnitzel vom gutseigenen Forst. Außerdem wird das Regenwasser in Zisternen gesammelt, mit dem die 340 Toiletten mit Sekundärwasser versorgt werden. Auf diese Weise reduzieren sich die Frischwasserkosten um 50%. Durch die Perlatoren, die an den Wasserzapfstellen für ein optimales Luft-Wasser Gemisch sorgen, konnte der Wasserverbrauch um weitere 25% reduziert werden. Im Lebensmittel-Bereich hat der Hotelbetrieb seine Fleischauswahl deutlich reduziert – zumeist ohne dass es den Gästen überhaupt auffiel. Auch das senkt die Kosten – und macht deutlich, wie sehr sich eine durchdachte ökologische Ausrichtung für ein Unternehmen lohnt.

Transparenz ist auch eine Art der Kommunikation

Wenn man Michael Stober beim Reden über sein Lebenswerk zuhört, versteht man, warum er sich auch Enthusiast nennt: weil es viel Überzeugungsarbeit und Durchhaltevermögen braucht, die Belegschaft bei diesem Unterfangen mitzunehmen, die Lieferanten, die Nachbarn, die Gesellschaft – und die Kunden. Wird er gefragt, warum er sich für das Landgut, für die kräftezehrende Arbeit und für das große finanzielle Risiko entschieden hat, meint er lapidar: „Wenn ich es nicht mache, macht es keiner.“ Bereits im Jahr 2012 kamen 25 % der Gäste ins Hotel wegen seinem Bekenntnis zur Nachhaltigkeit – heute sind es mehr als 50%. Mitreißend reden, lebendige Geschichten erzählen können und handfeste Belege parat haben, das meistert Michael Stober spielend und routiniert.

Um aber zu leben, wovon der Geschäftsführer spricht, müssen alle Mitarbeitenden in dieselbe Richtung gehen, nur so kommt die Haltung auch bei den Gästen an und wirkt nach außen. Um als neuer Lieferbetrieb hier aufgenommen zu werden, führt das Landgut stets eine Blindverkostung durch – und nur wenn die Produkte im Geschmackstest der Mitarbeiter überzeugen, finden sie den Weg ins Unternehmen. Neben der Förderung der Identifikation mit dem Unternehmen findet so gleichzeitig eine Sensibilisierung für die Bedeutung höchster Produktqualität bei allen Mitarbeitern statt. Und das spüren und schmecken die Gäste.

Die Aufgabe von Michael Stober ist es auch, als Netzwerker nach draußen an die Öffentlichkeit zu gehen und zu kommunizieren. Er hält zahlreiche Vorträge über Nachhaltigkeit im Tourismus, tritt Vorbehalten redegewandt entgegen – und mit einer großen Zahl stichhaltiger Argumente. Dabei hat er immer mit denselben Vorurteilen zu tun: zu teuer, zu unbequem, zu öko. Michael Stober versichert an dieser Stelle glaubhaft, dass seine Gäste auf nichts verzichten müssen. Das glauben wir ihm sofort, immerhin sitzen wir in der großzügigen Lobby des erst kürzlich eröffneten Neubaus; gemütliche Sitzlandschaften laden zum Verweilen und Entspannen ein, wer will kann eine Runde Billard spielen oder einfach ganz entspannt mit einer Tasse Kaffee dem Treiben zuschauen. Es geht Stober nicht darum, den Menschen Vorschriften zu machen – seine Mission ist es, Menschen zu erreichen, ihnen nahezubringen, wie lohnenswert und sinnstiftend nachhaltiges Wirtschaften ist.

Kaum sind die Erfolge da, ist die erste Krise zu verbuchen: Corona

Für einen Gastronomie-Betrieb ist die Corona-Pandemie das größte anzunehmende Unglück. Viele andere Gastronomen haben nach über einem Jahr aufgegeben und sich aus dem Geschäftsleben zurückgezogen. Oder sie haben jeglichen Mut verloren und sehen keine Möglichkeit, aus eigener Kraft mit der Situation zurecht zu kommen.

Ausgehend von dem, was wir bisher über Michael Stober und sein Landgut gehört haben, ist eins klar: aufgeben kommt für ihn nicht in Frage. Er selbst sagt: „Ich bin relativ entspannt, noch. Wir sind too big to fail.“ Seine Hausbank, die Triodos-Bank hat all die Jahre mit ihm zusammengearbeitet, sie kennen die Zahlen, die Erfolge und die Arbeit, die dahintersteckt. Wie lange das gutgeht, kann er natürlich nicht vorhersehen. Zu seinen Mitarbeitern hat er zu Beginn der Pandemie gesagt: „Ich weiß nicht, wie das hier ausgeht mit der Pandemie. Aber eins kann ich euch versichern: ich werde nicht einen von euch kündigen.“ Er weiß, dass es um Menschen geht, dass jeder einzelne auf seine oder ihre Weise zum Funktionieren des Betriebs beiträgt. Nach den Gründen für diese Haltung gefragt, unterstreicht er, dass bei ihm zuerst die Mitarbeiter kommen, dann das Unternehmen. Beleg dafür ist zum Beispiel, wie Gewinne im Unternehmen verteilt werden.

Inzwischen hat das Hotel ausführliche Hygienepläne ausgearbeitet, geschäftliche Tagungen bis zu 50 Personen können problemlos auf dem Landgut abgehalten werden. Das Buchen, der Check-In, das Bezahlen werden kontaktlos abgewickelt, es stehen individuelle Desinfektions-Spender bereit und überall im Haus sind hygienekonforme Lüftungsanlagen. Zusätzlich bietet der Gastgeber Antigen-Schnelltests für alle Besucher an – eben alles, um einen sicheren und gesunden Aufenthalt im Haus zu gewährleisten.

Normalerweise ist eine Stornogebühr fällig, wenn man eine gebuchte Veranstaltung absagt. Das Landgut Stober hat seinen Kunden folgendes Angebot gemacht: wenn sie ihre Veranstaltung nicht absagen, sondern nur verschieben, wird ihnen die Hälfte der Gebühren als Anzahlung angerechnet – und siehe da: 75% der Kunden haben zugesagt und waren sofort einverstanden. So haben beide Seiten etwas davon, denn durch die transparente und faire Vorgehensweise konnte das Unternehmen die Kunden noch stärker an sich binden und hoffentlich zu Dauergästen machen.

Die Zukunft kann kommen

Landgut STober - Michael Stober
Portrait Michael Stober @Peter Stumpf

Michael Stober nimmt die Dinge so, wie sie sind. Vor allem, wenn er nichts an ihnen ändern kann. Dann hat er nämlich mehr Zeit, Pläne für die Zukunft zu machen und umzusetzen. So wurde im November 2020 der Anbau fertig – und die Lobby feierlich eingeweiht. Natürlich mit dem passenden und angemessenen Hygienekonzept. Seit Ende März 2021 steht eine neue Küche im Restaurant, um die Gäste schnell und nachhaltig versorgen zu können. Und ganz aktuell: das Land Brandenburg und die Europäische Union fördern das Energiekonzept zur Energieautarken Selbstversorgung und Reduktion von CO2-Emissionen. Das Ziel ist, die Energie der Photovoltaikanlage, die weiter ausgebaut werden soll, speichern zu können, so dass kein Strom aus dem Stromnetz mehr gezogen werden muss. Das spart Kosten – und CO2.

Das ist klar: Michael Stober denkt nicht ans Aufgeben, im Gegenteil!
Während des gesamten Interviews hat uns Michael Stober gelassen durch die Geschichte des Landguts und seiner Bewohner geführt, hat mit uns genau dargestellt, wie das Familien-Unternehmen geführt wird, welche Werte es hat und wo es hinwill. Er hat sich eben mit dem Landgut auf den Weg gemacht und viele Hindernisse aus dem Weg geräumt – und auf diesem Weg befindet er sich weiterhin.

>> www.landgut-stober.de