Immer mehr ist nicht gut oder die Olaf Scholz Strategie

Juergen Linsenmaier - Nachhaltigkeitsexperte

Juergen Linsenmaier - Nachhaltigkeitsexperte

Wie weit kann und darf Wirtschaft gehen? Muss sie ewig wachsen oder gibt es sinnvolle Möglichkeiten?

Die Menschheit wächst, unsere Ansprüche wachsen und damit verbunden nimmt unsere Konsumgeilheit durchaus auch skurrile Formen an. Letztlich sind wir alle so erzogen worden „mehr ist gut“. Auf die Frage an Olaf Scholz (noch Finanzminister), wie er denn die Corona-Schulden abzahlen möchte, kommt die Antwort: mit Wachstum.

An einem Punkt hat er recht. Der Wachstumszwang ist eng mit Geld verbunden. Seine Geldgeber verlangen Zinsen. Neue Kredite gibt es nur, wenn Banken und Geldanleger ein lohnendes Investment erkennen können. Wenn man sich mit einer vorhandenen Wirtschaftsleistung begnügt, ist kein Platz mehr auf dem Markt für ein lohnendes Investment. Im Grunde sagt Scholz, die Wirtschaft muss wachsen, weil sonst die ständig steigenden Belastungen bei Staat und Wirtschaft aus Zins und Zinseszins sonst nicht erwirtschaftet werden können.
Es geht allerdings nicht um das warum, sondern ob eine Wirtschaft immer weiterwachsen muss. Diese Frage lässt sich mit einem einfachen Nein beantworten. Ich meine es wäre möglich, ohne Abstriche beim Lebensstandard hinnehmen zu müssen, bei einem hohen Bruttoinlandsprodukt stehen zu bleiben. Jedenfalls sollte man darüber nachdenken.

Mir ist sehr bewusst, dass ich ein Thema anspreche, welches öffentlich leider wenig gedacht wird. Eines möchte ich klarstellen. Das hat nichts mit linker Haltung zu tun, sondern mit der Feststellung, dass wir in einer endlichen Welt leben. Eine endlos wachsende Wirtschaft basierend auf endlichen Ressourcen kann auf Dauer nicht funktionieren. Wirtschaftswachstum ist (jedenfalls bisher) immer mit einem höheren CO2-Ausstoß verbunden. Die Welt hier ihre Grenzen erreicht. Das zeigt die globale Klima- und Umweltkrise sehr deutlich. Der Mensch kann sich offensichtlich von der Natur nicht entkoppeln. Übrigens: Forscher haben herausgefunden, dass wir Menschen ab einem bestimmten Punkt durch noch mehr Wirtschaftswachstum nicht glücklicher werden.

Also was tun? Es ist wie immer. Wir selbst müssen entscheiden was wir wollen. Empfinden wir Konsum als Statussymbol oder gibt uns ein zum Beispiel möglichst geringen Rohstoff- und Energieverbrauch eine innere Befriedung?

Der wichtigste Schritt: Ich bin der festen Überzeugung wir Unternehmen sind Multiplikatoren, wir geben den Takt vor. Wir entscheiden, welche Produkte einen Sinn geben und auf unsere Grundbedürfnisse einzahlen. Sinn beispielhaft in Bezug auf Gesundheit, Schutz, Erholung und Freiheit.

Die Besteuerung unserer Erwerbsarbeit bezahlt das Sozialsystem und unsere Kinder bezahlen unsere Rente. Damit ist vorgegeben, dass unsere Wirtschaft wachsen muss. Politik und damit der Staat muss sich allerdings so verändern, dass er nicht mehr von Wachstum abhängig ist.

Wir sollten allerdings nicht das Denkmuster eines Olaf Scholz verinnerlichen: Wachstum wird schon unsere Schulden bezahlen!