Der Zusammenhang von Leistung und Gesundheit spielt in Managementansätzen kaum eine Rolle – sollte er aber, denn Studien zeigen, dass gesundheitsbewusste Führung den Erfolg multipliziert.

In Deutschland gilt die Anwesenheit am Arbeitsplatz immer noch als Leistungs- und Karrierekriterium. 33 Prozent aller Führungskräfte schicken ihre Mitarbeiter auch bei einer ernsten Erkrankung nicht nach Hause, während 17 Prozent der Manager sogar der Meinung sind, dass man sich von häufig erkrankten Mitarbeitern trennen sollte. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Hochschule Coburg aus dem Jahr 2012.

Aber auch mit ihrer eigenen Gesundheit gehen viele Führungskräfte schonungslos um: 58 Prozent fahren trotz mittelschwerer Erkältung zur Arbeit, weitere 29 Prozent arbeiten in diesem Fall von zu Hause aus. Allerdings hat dieses Verhalten nichts mit bloßem „Anwesenheitswahn“ zu tun: Eine Vielzahl der befragten Manager gab an, ihr Arbeitspensum sei ohne Zwölf- bis Sechzehn-Stunden-Schichten gar nicht mehr zu schaffen. Ein Großteil der Führungskräfte findet überhaupt nur noch in den Randzeiten – vor 8 Uhr morgens und nach 18 Uhr abends – die Ruhe, sich echten Führungsaufgaben wie Vision, Strategie und Umsetzung zu widmen.

Per Gesundheit zum Erfolg
Peter Buchenau – Herausgeber der Buchreihe Chefsache

Fragt man Führungskräfte nach organisatorischen Möglichkeiten, den Krankenstand und damit auch die Kosten zu senken, geben erstaunlicherweise 81 Prozent an, ein systematisches Gesundheitsmanagementsystem könne helfen. Weitere 72 Prozent sehen in der Verbesserung des Betriebsklimas eine sinnvolle und schnell umsetzbare Möglichkeit. Warum aber handeln Manager dann nicht entsprechend?

Gesundheitsbewusste Führung im Unternehmen hat sich längst als Erfolgsmultiplikator bewiesen, der zu einer nachhaltigen und positiven Leistungsspirale der Mitarbeiter führt. Ein gutes Beispiel dafür ist die London Underground: Seitdem das Unternehmen auf eine gesundheitsbewusste Führung setzt, haben sich die Personalkosten jährlich um 455.000 Pfund reduziert. Die neue, gesundheitsbewusste Führungsmethode schafft also eine Win-Win-Situation, von der sowohl die Mitarbeiter als auch die Führungskräfte und das Unternehmen oder die Organisation selbst profitieren. Wichtig ist allerdings, dass dem Ganzen nicht bloß ein neues Etikett „Gesundheitsgeprüft“ aufgeklebt wird. Es bedarf vor allem eines guten Vorbilds, denn kein Mitarbeiter wird gesünder leben, wenn sein Vorgesetzter nicht mitzieht. Gesundheitsbewusste Mitarbeiterführung fängt also beim Chef an. Niemand kann seinen Mitarbeitern gesundheitsbewusstes Handeln und Arbeiten predigen, wenn er selbst dies nicht vorlebt.

Trotz einer ganzen Reihe positiver Beispiele spielt der Zusammenhang von Leistung und Gesundheit in den bisherigen Managementansätzen kaum eine Rolle. Hier geht es weiterhin meist um das kurzfristige, maximale „Abgreifen“ von Gewinn. Dass der Einzelne möglicherweise mit seiner Aufgabe überfordert ist, wird erst bemerkt, wenn Leistungsfähigkeit und Produktivität sinken – wenn also im übertragenen Sinne der Motor stottert. Dass man den Motor eines Autos regelmäßig warten, das Öl wechseln und die Ventile überprüfen muss, damit das Fahrzeug auch auf lange Sicht Freude bereitet, ist hinlänglich bekannt. Warum aber hat sich dieses Prinzip nicht auch bei der Mitarbeiterführung durchgesetzt? Der Motor der Mitarbeiter dreht allzu oft besorgniserregend im roten Bereich. Während der Vorsorge- oder Präventivansatz im Management bei Maschinen ganz selbstverständlich angewendet wird, bleiben die Angestellten und ihre Leistungsfähigkeit außen vor. In jedem Maschinenbau-Studium wird den Studenten beigebracht, dass es immer kostengünstiger ist, eine Maschine zu warten, als sie später zu reparieren – und zwar in der Regel im Verhältnis 1:10. Das heißt: Für jeden Euro, der in die Wartung einer Maschine fließt, werden 10 Euro Reparaturkosten eingespart. Einzelne Führungskräfte haben erkannt, dass es sich auch bei der Mitarbeiterführung lohnt, darauf zu achten, die Funktionstüchtigkeit – in diesem Falle die Gesundheit – durch eine achtsame, gesundheitsintegrierte Führung zu erhalten. Dies geschieht jedoch oft nur mit schwachem oder sehr schleppendem Erfolg. Größter Hemmschuh sind Managementkollegen, die nicht das Rückgrat haben, einander zur Seite zu stehen, um gemeinsame Verbesserungen zu erreichen. Veränderung heißt immer auch, sich aus dem Gefühl der Sicherheit zu entfernen und neue Wege zu gehen. Dazu fehlt es manchen Managern – nicht allen – an Mut und Elan. Handeln aber müssen sie, denn Gesundheit ist Chefsache.