Anständige Unternehmer sind das Rückgrat einer leistungswilligen und aufrechten Gesellschaft, weiß Hoteltester Kurt Steindl, der sich für Humanität und Fürsorge als gelebte Werte stark macht.

Anstand hat mit Respekt zu tun. Mit Wertschätzung. Auch mit Ethik und Moral. Wer anständig lebt, hat gute Chancen ein zufriedenes und glückliches Leben zu führen. Wer sich dem Anstand verweigert, wird fallen – wenn nicht öffentlich, dann zumindest in die innere Leere. „Existenzielles Vakuum“ nannte dies der für seine genialen Wortschöpfungen bekannte österreichische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl.

Anstand - eine Tugend
Kurt Steindl bei einer seiner herauragenden Vorträge. Hier in Wien.

Anstand ist eine Haltung. Eine Einstellung. Wer ein anständiges Leben führt, sucht nicht den leichtesten Weg. Eher den guten Weg. Selten ist der gute Weg auch der leichte. Anstand bedeutet, seinem Handeln Bedeutung zu geben. Wer anständig lebt, wird sich selbst die Frage stellen: „Wenn ich das tue, was bin ich dann?“ Die anständigen Hoteliers, die ich kennenlernen durfte, haben auch im hohen Alter noch leuchtende Augen, weil sie nach festen Werthaltungen leben. Sie sind nicht so leicht aus der Bahn zu werfen. Ihre Prinzipien bauen auf Liebe, nicht auf Hass. Sie sind stolz, ohne dabei überheblich zu sein. Sie gehen freundlich mit Menschen um, gleichgültig, welche Stellung sie haben. Sie denken nicht über den eigenen Vorteil nach, sondern wissen, dass genug für alle da ist. Sie teilen gern ihr Wissen und ihre Erfahrung und freuen sich mit anderen über deren Erfolge.

Anständigen Menschen wohnt eine Leichtigkeit inne. Sie verbreiten das Gefühl, dass auch große Probleme bewältigt werden können. Sie glauben an das Gute im Menschen und distanzieren sich von Unredlichkeit. Sie verlassen sich immer wieder auf ihr Gespür und entscheiden nicht nur nach rationalen Gesichtspunkten. Sie wägen ab und entscheiden rasch – auf Grundlage ihrer Werthaltungen. Sie beeinflussen damit ihr direktes Umfeld und leiten die Dinge in die richtige Richtung.

Kurt Steindl - Service-Workshop mit Kunden
Kurt Steindl – Service-Workshop mit Kunden

Anständige Führungskräfte respektieren die Meinung anderer und üben sich in Toleranz. Sie versuchen zu verstehen, bevor sie selbst verstanden werden. Sie hören aufmerksam zu und achten die Würde des anderen. Menschlichkeit ist ihre vorrangigste Eigenschaft. Sie verstehen sich auch als Diener ihrer Untergebenen. Sie verfügen über ein gesundes Selbstwertgefühl, bleiben aber immer geerdet. Sie sind nachsichtig und verzeihen. Sie muntern auf und spenden Trost. Sie sind gern für andere da. Sie sind mutig und zuversichtlich. Sie gehen Risiken ein und sehen Rückschläge als Erfahrungsgutscheine des Lebens an. Sie akzeptieren Widerspruch und haben eine überdurchschnittliche Begabung zur Selbstreflexion. Sie sind tolerant und gutmütig und setzen sich für Schwache und Benachteiligte ein, ohne sich dabei ausnutzen zu lassen. Sie machen keinen Unterschied in Rang und Position. Sie folgen dem Credo: Zuerst die Menschen, dann die Dinge. Sie sind hart in der Sache, aber weich zu den Menschen. Sie teilen Erfolge und Niederlagen, sind teamfähig und sehen sich als Teil des Ganzen. Sie bewerten ihre Position nicht über und wissen, dass es alle Beteiligten braucht, um Großartiges zu leisten. Sie verursachen keine Probleme, sondern lösen sie. Sie sind treu und loyal. Sie geben Freiheit und rufen zur Ordnung. Sie achten die Traditionen und fördern Innovationen.

„Wir führen unsere Geschäfte aufrichtig und fair!“. Diesen Satz lese ich oft in Leitbildern
von Unternehmen. Was bedeutet das in allerletzter Konsequenz? Nicht mehr und nicht weniger, als dass die Zusammenarbeit mit unanständigen Unternehmen beendet werden muss. Ein Handwerker, der mit ehrlicher Handarbeit seinen angemessenen Lohn verdient, hat sich anständig verhalten. Wer Leistung nur vortäuscht und gute Qualität vorlügt, ist unanständig. So einfach ist das. Anständigkeit im öffentlichen Leben ist eine ganz besondere Leistung, weil sich so viele Einflüsterer dazu berufen fühlen, uns vom Anstand abzubringen. Anständigkeit wird mitunter sogar belächelt. „Du wirst doch nicht so dumm sein, dir diese Gelegenheit entgehen zu lassen?“. Meine Antwort lautet: Doch, wenn es nicht anständig ist! Denn: Das Unanständige zerstört unsere Gesellschaft. Schnell kommt die Frage auf: Wozu soll ich anständig sein, wenn andere die Anständigkeit mit Füßen treten und scheinbar damit erfolgreich sind? Die Blender und Rattenfänger der Neuzeit stellen ihre Unfähigkeit als großartige Leistung dar und werden für ihre Verbrechen nicht einmal zur Verantwortung gezogen. Das mindert den Leistungswillen einer ganzen Generation.

„Früher gab es eine Auslese der Tüchtigen. Heute gibt es eine Auslese der Unredlichen“, erkannte Viktor Frankl bereits vor vierzig Jahren. Wie wahr. Es hat sich nicht gebessert, sondern es ist eher schlimmer geworden. Umso dringender brauchen wir die tüchtigen und anständigen Unternehmer. Sie bilden das Rückgrat einer leistungswilligen und aufrechten Gesellschaft. Humanität und Fürsorge als gelebte Werte. Keine Lippenbekenntnisse, sondern ein akkurates Anpacken der Probleme. Zum Wohle aller. Das ist anständig.